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Jeder träumt nachts. Wenige sprechen darüber, die wenigsten schreiben es in einem Traumtagebuch auf. Der eine längst vertraute Traum, der sich ständig wiederholt? Dieser verstörende Traum, nach dem du dich entsetzt bis beschämt fragst, was dein eigenes Gehirn fabriziert hat? Die fantasievolle Wohltat, aus der dich der Wecker herausgerissen hat? Mal wieder mühelos geflogen oder unter Wasser geatmet?
Die vielen Facetten der Träume
Träume können so einiges. Wenn sie auch vermutlich den größten Schrecken, denen sie einem als Kind einjagen konnten, verloren haben: Alpträume lassen nachts noch die zähsten Erwachsenen schweißnass hochschrecken. Unreale Welten mit immer wiederkehrenden Symbolen eröffnen sich.
Auch Begegnungen mit verstorbenen Menschen im Traum können so realistisch erscheinen, dass man noch für Stunden neben sich steht. Ein solcher Leidensdruck, bis hin zur Schlafstörung, ist verbreiteter als gedacht.1https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5581821/
Im Schlaf passiert unglaublich viel körperliche und geistige Regeneration – und gleichzeitig intensive Verarbeitung und Selektion dessen, was wir tagsüber durchlebt haben. Träume sind ein Ausdruck davon. Und diese morgens in einem Traumtagebuch festzuhalten, ist eine ziemlich gute Idee.
Dass das bewusste, schreibende Verarbeiten von Erlebnissen und Emotionen sehr hilfreich sein kann, ist unter anderem durch die Schreibforschung längst bekräftigt worden.
Auch als Dokument einer bestimmten Phase im Leben, einer Krise, einer tollen oder hektischen Zeit, ist das Traumtagebuch absolut wertvoll. Noch Jahre oder Jahrzehnte später bietet es spannenden Lesestoff und ist ein Beweis für die eigene Entwicklung.
Zeit also, sich das Tagebuch über Träume einmal genauer anzuschauen.
Was ist ein Traumtagebuch?
Als Traumtagebuch gilt ein Notiz- bzw. Tagebuch oder Journal, das man spezifisch für das Niederschreiben und Verarbeiten, sowie ggf. Reflektieren und Deuten von Träumen verwendet.
Da viele Menschen schnell vergessen, wovon sie geträumt haben, ist es eine wertvolle Angewohnheit gleich morgens nach dem Aufwachen alles niederzuschreiben. Einige nutzen sogar kurze Wachphasen in der Nacht, um das gerade geträumte im Traumtagebuch festzuhalten.
Es gibt verschiedene Schwerpunkte, wie zum Beispiel das Klarträumen, bei denen man aktiv mitbestimmt, was passiert. Doch auch zur Interpretation von diffusen Träumen kann das Notizbuch genutzt werden. Mittels Stichpunkten oder Illustrationen werden darin bestimmte Symbole, Umgebungen oder Rollen festgehalten, die im Traum vorgekommen sind.
Wie genau interpretiert wird und welche Schlüsse daraus gezogen werden, ist letztendlich jedem selbst überlassen. Man muss schließlich keine Probleme dort sehen, wo gar keine sind. Es muss nicht die Analyse nach Sigmund Freud sein. Allein die Beobachtung bleibt jedoch spannend.
Denn in den Träumen liegt vielleicht die Lösung von Schwierigkeiten und offenen Fragen.
Wer nach außen schaut, träumt.
– Carl Gustav Jung (Traumforscher und Begründer der analytischen Psychologie)
Wer nach innen schaut, erwacht.
Welche Vorteile hat ein Traumtagebuch?
Träume speisen sich aus allem, was wir erlebt haben, was uns beschäftigt, sorgt, Urängste auslöst, und was an Ideen und Wünschen in uns gedeiht – auch unterbewusst.
Das Führen eines Traumtagebuchs kann zahlreiche Vorteile mit sich bringen.
Vor allem ein Aspekt ist für die Klarträumer oder die Menschen, die es werden wollen, besonders wichtig: Durch das Aufschreiben der Träume trainiert man seine Traumerinnerung enorm. Regelmäßiges Schreiben führt also dazu, dass man sich immer besser und an mehr Details aus dem Traum erinnern kann.
Auch für das Aufschreiben von „normalen“ Träumen gibt es zahlreiche Vorteile, darunter insbesondere die Folgenden:
- Verbesserte Schlafqualität
- Reflexion
- Selbsterkenntnis
- Aktive Verarbeitung
- Umgang mit Alpträumen und Belastungen
- Klarheit
- Verbindung mit der eigenen Intuition und Gefühlswelt
- Nutzung kreativen Potenzials
- Überwindung (kreativer) Blockaden
Jeden Morgen alles aufschreiben
Erst die regelmäßige Benutzung des Traumtagebuchs kann diese Vorteile bewirken. Dabei reichen schon 5-10 Minuten täglich als heilsames Morgenritual, am besten direkt nach dem Aufwachen. Es braucht etwas Zeit, bis sich diese Routine bei dir etabliert hat und du wie von selbst nach dem Wachwerden dazu übergehst.
Mit Sicherheit beeinflusst das Schreiben deinen kompletten restlichen Tag positiv – und die Nächte obendrein. Das wird auf Dauer für eine starke intrinsische Motivation sorgen. Das bedeutet, der Antrieb für das Traumtagebuch kommt aus dir selbst, und ist nicht an die Anerkennung oder Belohnung durch die Außenwelt geknüpft.
Nur die Kontinuität ermöglicht auch, dass du wiederkehrende Muster und Begebenheiten, vielleicht sogar identische Abläufe entdeckst und erforschen kannst. Und dass du feine Unterschiede überhaupt entdeckst.
Außerdem lassen sich eventuelle Entwicklungen ablesen: Sind dir deine Träume mittlerweile bewusster, erinnerst du dich öfter? Oder deutlich weniger, wachst du seltener auf? Schläfst du besser oder schlechter? Hatten Alkohol oder andere Substanzen Einfluss?
Traumtagebuch Vorlage: So dokumentierst du deine Träume
Zur Gestaltung eines Traumtagebuchs finden sich selbstverständlich zahlreiche Vorlagen und Inspiration im Internet. Vielleicht motivieren dich eher fertige, käufliche Notizbücher und Hefte, die mit ihrer Gestaltung direkt zum Dokumentieren einladen. Darin könntest du auch von Tipps, fachlichem Input und weiterführenden Techniken profitieren.
Der Vorteil deiner eigenen Vorlage: Du kannst sie ganz genau deinen Wünschen und Ansprüchen anpassen, sowie ggf. mit der Zeit verändern. Die Nähe zum Journaling wird hier deutlich, handelt es sich doch um das achtsame Reflektieren und Ordnen im Schreibprozess. Beides im selben Buch zu verbinden, ist gar nicht abwegig und erleichtert vielleicht sogar den Einstieg.
Für den Eintrag im Traumtagebuch solltest du folgende Punkte festhalten:
- Beschreibung des Szenarios im Traum. (Das solltest du als allererstes machen, um dich an möglichst viel erinnern zu können. Je länger du wartest, desto mehr Details gehen verloren.)
- Auch Skizzen, prägnante Figuren usw. können festgehalten werden.
- Gefühle und Gedanken im Traum und nach dem Aufwachen.
- Datum.
- Uhrzeit (vor allem, falls du nachts aufwachst und direkt dokumentierst).
- Intensität der Wahrnehmung (z. B. auf einer Skala von 1 bis 10).
- Falls Klartraum: Ausmaß der Klarheit (ebenfalls Skala von 1 bis 10).
- Gefühlte Dauer des Traumes (wenige Minuten oder doch eher 1-2 h?).
- Überschrift, um auf einen Blick zu sehen, worum es ging.
- Ggf. was du vor dem Schlafengehen gemacht hast (möglicherweise beeinflusst auch das die Qualität deiner Träume).
Notiere in deinem Eintrag alles, was dich beschäftigt. Du könntest abschließend die gesamten Notizen überfliegen und Stichworte hervorheben, die dir kritisch erscheinen. Das festigt Erkenntnisse und hilft später als Übersicht.
Weitere Tipps für die Umsetzung
- Nimm dir vor dem Einschlafen vor, dass du dich an alle deine Träume erinnern wirst.
- Wenn du einen Wecker nutzt, setze auf einen sanften Ton. Aggressive Laute wie Hupen oder Alarm lassen dich deine Träume schnell vergessen.
- Zögere nach dem Aufwachen nicht mit deinem Eintrag, auch nachts nicht. Oft vergessen wir innerhalb weniger Sekunden, dass bzw. wovon wir geträumt haben.
- Lege das Traumtagebuch inklusive Stift immer in greifbare Nähe. Je länger du mit dem Aufschreiben wartest, desto mehr Details gehen verloren.
- Stichpunkte reichen aus, wenn du keine Lust auf langes Schreiben hast.
- Notiere auch total sinnlose oder kurze Träume. Das trainiert deine Traumerinnerung.
- Spare keine Details aus, selbst wenn sie für dich extrem unangenehm sind oder sie dich triggern.
Fazit: Träume entdecken und für sich nutzen
So wichtig Träume für unser Funktionieren sind, allzu negativ sollten sie unsere Tage und Nächte nicht beeinflussen. Stattdessen lohnt sich die aktive Auseinandersetzung mit den bunten (oder schwarz-weißen) und oft intensiven Welten, die sich uns da bieten – und zwar mithilfe eines Traumtagebuchs. Dich und deine Träume ernst zu nehmen und ihnen Zeit zu schenken, kann Veränderung auf allen Ebenen bewirken.
Schließlich gelingt auf diese Weise das Loslassen von der Traumwelt und der unbeschwerte Übergang in den neuen Tag.
Wie wäre es, wenn du dich dem Thema – sollte es dir noch nicht vertraut sein – Stück für Stück annäherst? Erstmal sammelst du deine Traumerinnerungen frei und notierst, in welchem Zustand sie dich hinterlassen haben. Nach einiger Zeit kannst du in die Tiefe gehen, Muster und Themen suchen, dich mit Symbolik beschäftigen. Klarträumer gehen schließlich soweit, in ihren Träumen aktiv mitbestimmen zu können.
Ein Traumtagebuch bietet in jedem Fall die Grundlage. Passe es deinen Ansprüchen an, sodass du gerne damit arbeitest. Halte es griffbereit auf dem Nachttisch, lass nicht unnötig Zeit verstreichen, solange der Traum präsent ist! Je mehr Wohlbefinden, Klarheit und Energie du dadurch auch tagsüber erlangst, umso besser.
Einzelnachweise
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