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Na, was tust du gerade? Hast du gezielt diesen Artikel geöffnet und möchtest ihm deine volle Aufmerksamkeit schenken? Oder steht noch ein Teller Essen vor dir, ein Video läuft parallel und du möchtest dich nebenbei etwas berieseln lassen? Falls dies der Fall ist, habe ich eine kleine Bitte an dich: Lies diesen kurzen Artikel mit deiner vollen Aufmerksamkeit. Und falls du danach noch immer das Gefühl hast, dass Multitasking eine der besten Fähigkeiten überhaupt ist, werden wir dich nie wieder davon abhalten, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun.
Was ist Multitasking?
Multitasking bedeutet, dass du mindestens zwei Dinge, Gedanken oder Handlungen zur selben Zeit vollziehst. Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass es vor allem um die Zeiten geht, in denen du deine Aufmerksamkeit auf mehrere Dinge gleichzeitig verschenkst oder in einem schnellen Wechsel. Denn Atmen, einen Schluck Wasser trinken oder selbst in manchen Fällen, meditative Musik im Hintergrund laufen zu haben, bedeutet nicht unbedingt gleich im Multitasking-Modus zu sein.
Es sind die Momente, in denen wir unsere bewusste Aufmerksamkeit und Präsenz aus einer bestimmten „Sache“ abziehen und innerhalb von wenigen Sekunden auf mehrere Tätigkeiten und Aktionen verteilen. Der schnelle Blick aufs Handy oder in die E-Mail während eines Gespräches ist dafür ein passendes Beispiel.
Multitasking gibt es nicht
Haben wir eben noch erklärt, was Multitasking ausmacht, so müssen wir diese Definition gleich schon wieder in die Tonne werfen. Denn eigentlich gibt es Multitasking gar nicht so, wie wir es verstehen. Dass bewusste Prozesse in unserem Hirn wirklich gleichzeitig ablaufen, ist vielmehr eine Illusion aus dem Bereich von Computern und Mikrochips. Also jenem Bereich, in dem der Begriff des Multitaskings zunächst entstanden ist und jenem Bereich, für den dieser Begriff auch wirklich erdacht war.
Neurologen haben in den letzten Jahren dargestellt, dass der Mensch ein Arbeitsgedächtnis besitzt. Dort finden wir unbewusste Programme, die uns kaum „Kapazität“ kosten. So ist es auch möglich, den Abwasch zu machen und sich nebenher auf ein Telefongespräch zu konzentrieren.
Doch nun kommt der Clou: Für das Gehirn ist es so gut wie unmöglich, sich noch auf eine weitere Aufgabe mit Fokus und bestem Bewusstsein zu konzentrieren. Vielmehr wechselt unser Gehirn so schnell zwischen den einzelnen Aufgaben hin und her, dass es uns so vorkommt, als wären wir Multitasking-fähig.
Wir könnten daher auch anders sagen: Wir befinden uns beim Multitasking in einem permanenten Ablenkungsprogramm, welches wir gar nicht mehr selbst realisieren. Und dies hat größtenteils schwerwiegende Folgen.
Frauen vs. Männer beim Multitasking
Bevor wir uns ans Eingemachte machen, müssen wir noch eine evolutionsbiologische Frage klären. Du weißt schon, Männer können nie richtig zuhören und parken besser ein. Dafür ist der fokussierte Blick bei Frauen weniger ausgeprägt, doch die Multitasking-Fähigkeit umso höher. Was ist dran, an diesen fest in der Gesellschaft verankerten Klischees?
Es spricht vieles dafür, dass die Antwort „nichts“ lautet. In einer der letzteren größeren Studien aus dem Jahre 2019 der RWTH Aachen1Supertaskers: Profiles in extraordinary multitasking ability. konnten keine signifikanten Unterschiede ausgemacht werden.
Auch die Studienlandschaft der vergangenen Jahre zeichnet ein eindeutig uneindeutiges Bild: Mal lagen die Männer vorne, mal die Frauen. Somit konnte auf empirische Weise kein ernst zunehmender Zusammenhang zwischen Geschlecht und Multitasking-Fähigkeit eindeutig erwiesen werden.
Ist Multitasking schädlich?
Viel eindeutiger sieht die Studienlage übrigens bei der Frage aus, ob Multitasking uns dann nun wirklich etwas nützt. Ich nehme es mal vorweg:
Multitasking hat überwiegend schädliche Folgen, die gar nicht so harmlos daherkommen, wie es das Thema vermuten lässt.
1. Resultate werden schlechter
Ganz einfach, wenn wir unsere gedankliche Kapazität immer von einer Aufgabe zur anderen wechseln, verlieren wir den Fokus auf eine Sache. Genau das scheint dazu zu führen, dass unser Denken und Handeln weniger konzentriert, lösungsorientiert und qualitativ bestmöglich ist. In einer breit angelegten Studie aus dem Jahre 2011 unter 200 Studenten, schnitten sage und schreibe 97,5% aller Teilnehmer durch das Multitasking in den vorgelegten Aufgaben schlechter ab, als beim einzelnen Abarbeiten der gleichen Aufgaben.2Putting a stereotype to the test: The case of gender differences in multitasking costs in task-switching and dual-task situations
2. Du kannst unproduktiver werden
In einer Studie aus dem Jahre 2015 untersuchten Wissenschaftler aus Kanada 2000 Personen und zeigten, dass die durchschnittliche menschliche Aufmerksamkeitsspanne im Vergleich zum Jahre 2000 von 12 Sekunden auf 8 Sekunden, also um ca. 33% gesunken ist.3https://dl.motamem.org/microsoft-attention-spans-research-report.pdf Für einen so geringen Zeitraum ist diese Zahl wirklich sehr hoch. Sie verwiesen in diesem Zusammenhang auf die Tatsache, dass etwa im Jahre 2000 die digitale Revolution begann.
Doch viel schlimmer: Der Zeitraum, indem wir nach einer Ablenkung wieder volle Konzentration auf unsere Aufgabe haben, liegt bei ca. 23 (!) Minuten.4The Cost of Interrupted Work: More Speed and Stress
Fazit: Es ist wahrscheinlich das, was Cal Newport in seinem berühmten Buch-Klassiker „Deep Work“ beschreibt: Je öfter wir uns mit Dingen ablenken, umso schlechter wird unser Fokus für eine wichtige Aufgabe. Und Multitasking ist buchstäblich die Mutter aller Ablenkungen.
3. Multitasking verursacht Stress
Neurologisch gesehen ist Stress eine ständige Überreizung unseres Nervensystem, welches mit diesen Reizen nicht mehr adäquat umgehen kann.
Bedeutet im Klartext: Je mehr wir uns äußeren Reizen hingeben, desto mehr potenzielle Stressquellen gibt es für unseren Körper. Und das wiederum kann auf Dauer zu einer echten Belastung werden.
4. Unser Selbstbewusstsein und unser Lebenserfolg bleiben auf der Strecke
Für diesen Punkt brauchen wir nicht viele Studien, sondern unseren logischen Menschenverstand. Denn wir wissen nun bereits, dass Multitasking uns daran hindert, produktive Ergebnisse zu erhalten und unsere Sache wirklich so gut wie möglich zu machen. Was mag da bloß für ein Gefühl bleiben? Richtig, das Gefühl nichts so ganz und alles nur so halb zu können und zu schaffen.
Selbstbewusstsein entsteht dann, wenn wir selbst die Erfahrung guter Ergebnisse kreieren. Eine sich selbst nach oben entwickelnde Feedback-Schleife im Prozess unseres Handelns und Denkens. Und wenn wir diesen Prozess ständig durch Multitasking unterbrechen und neu starten müssen, bleibt am Ende weniger Selbstbewusstsein und mehr Zweifel und Hadern.
Warum sind wir so Multitasking-süchtig?
Eine interessante Frage bleibt: Wenn wir nun wissen (und auch oft spüren), dass Multitasking uns nicht gut tut, warum tun wir es dann trotzdem?
Dazu müssen wir bedenken, dass Menschen heutzutage in wenigen Monaten wahrscheinlich ungefähr so viele visuelle Informationen wahrnehmen, wie im 18. Jahrhundert in einem ganzen Leben. Dabei wird deutlich, dass wir immer mehr mit einer Vielzahl an Reizen bombardiert werden.
Das wiederum kann dazu geführt haben, dass wir uns daran gewöhnt haben, erst einmal auf alles, was blinkt, leuchtet und piept anzuspringen. Am Ende dieser Konsequenz steht folgendes Ergebnis: Wir haben uns daran gewöhnt, uns ablenken zu lassen.
Was wir dagegen tun können, ist sicherlich nochmal einen ganz eigenen Artikel wert. Doch so viel sei gesagt: Wenn wir dem Teufelskreis aus Multitasking, einem ständigen Defizit an Aufmerksamkeit auf eine Sache und allen daraus resultierenden Folgeerscheinungen entgehen wollen, haben wir nur eine Wahl:
Wir müssen uns bewusst um-konditionieren. Mit Willen an einer Sache dran bleiben. Stark bleiben, wenn schwach werden so nahe liegt. Bis auch diese Konzentration und eine höhere Aufmerksamkeitsspanne wieder zu einer neuen alten Gewohnheit geworden ist.
Fazit: Multitasking ist ein menschengemachtes Notfallprogramm.
Was machen Menschen instinktiv, wenn sie beim Einparken etwas genauer hinschauen müssen? Erst einmal das Radio leiser. Wir Menschen sind nicht mit Computern vergleichbar. Doch in einer Hinsicht schon: Wir haben eine begrenzte Kapazität. Können wir diese auf eine „Sache“ konzentrieren, gelingt uns diese Sache so gut wie möglich. Doch kommen wir in die Versuchung, uns ständig in einem Meer aus verschiedenen Gedanken und Tätigkeiten zu verirren, werden wir unkonzentrierter, gestresster und womöglich auch am Ende des Tages unglücklicher.
Denn mittlerweile ist durch viele Studien unser meist eigenes subjektives Gefühl bestätigt worden: Multitasking klingt erst einmal nach einer netten Superkraft. Doch im Grunde ist sie genau das Gegenteil. Sie ist ein menschengemachtes Notfallprogramm. Es wird aktiviert, wenn wir uns zu sehr daran gewöhnt haben, nichts ganz und alles halb zu tun. Und irgendwie ist dieses Programm aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung im Rahmen der zunehmenden Reize ja auch verständlich.
Doch wenn wir wieder mit Freude, Effektivität und einer gewissen Ambition unseren Aufgaben entgegentreten wollen, haben wir wohl nur eine Wahl: Multitasking als das zu betrachten, was es biologisch schon immer wahr. Eine Illusion des Geistes.
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FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Multitasking
Multitasking ist im übertragenden Sinne die Fähigkeit mehrere Aufgaben gleichzeitig zu erledigen.
Aus neurobiologischer Sicht funktioniert Multitasking gar nicht. Das Gehirn kann sich nicht auf zwei Dinge gleichzeitig konzentrieren. Viel mehr wechselt es zwischen ihnen hin und her, wodurch jedoch die Leistungsfähigkeit vermindert wird.
Multitasking grenzt die Produktivität ein, verschlechtert die Resultate und verursacht Stress. Insgesamt sind Menschen nicht für Multitasking gemacht und können es in Wirklichkeit auch gar nicht.
Aus der empirischen Forschung heraus, gibt es keine ernst zunehmenden Ansatzpunkte, dass sich ein Geschlecht besser im Multitasking tut.
Einzelnachweise
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