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Träumst du noch oder wachst du schon? Tagsüber wach zu sein und nachts bei Dunkelheit zu schlafen ist eine Selbstverständlichkeit für die Menschheit. Ein Hauptregulator in diesem Zusammenhang heißt Melatonin – auch bekannt als Schlafhormon. In diesem Artikel schauen wir uns die Melatonin Wirkung im Körper genauer an.
Was viele Menschen nicht wissen: Melatonin kann noch viel mehr als „nur“ den Schlaf-Wach-Rhythmus zu regulieren. Es ist ein echtes Allrounder-Hormon, welches für unsere Gesundheit und unser äußeres Erscheinungsbild eine große Bedeutung hat.
Was ist Melatonin?
Melatonin ist ein natürliches Hormon, das vom Körper produziert wird und vor allem dafür bekannt ist den zirkadianen Rhythmus, also unsere innere Uhr, zu regulieren und im richtigen Takt zu halten. Es wird auch als Schlafhormon bezeichnet, da es uns müde und schläfrig macht.
Melatonin wird in der Zirbeldrüse hergestellt, welche sich mittig im Gehirn befindet und durch zahlreiche Nerven mit dem Auge verbunden ist. Fällt tagsüber Licht auf die Netzhaut des Auges, leiten die Nerven diese Information an die Zirbeldrüse weiter, wodurch die Melatonin-Produktion unterdrückt wird. Sobald es dunkel wird, beginnt die Produktion und je dunkler es ist, desto mehr Melatonin kann hergestellt werden.
Das bedeutet: Läuft die innere Uhr richtig, dann hat man tagsüber einen niedrigen Melatoninspiegel und nachts bei Dunkelheit einen deutlich erhöhten. Zwischen 2 und 4 Uhr liegt laut Studien die maximale Melatoninkonzentration im Blut vor. Die Menge unterscheidet sich je nach Alter und individuellen Faktoren teils stark. 1https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/9509985/2https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22826693/
Melatonin Wirkung: Wie das Schlafhormon uns müde macht
Sobald abends die Melatoninproduktion in der Zirbeldrüse beginnt, wird es in das Blut abgegeben, wodurch die Konzentration ansteigt. Das Schlafhormon wird über die Blutbahn durch den ganzen Körper transportiert und durchquert unter anderem die Blut-Hirn-Schranke, sodass es auch im Gehirn seine Wirkung entfalten kann.3https://www.nature.com/articles/s41419-019-1556-7
Obwohl heute noch nicht im Detail verstanden ist, wie Melatonin uns auf Zellebene schläfrig macht, weiß man, dass es an bestimmte Rezeptoren im Körper binden kann. Dadurch fühlt man sich entspannt.
Beispielsweise bindet es an Rezeptoren im Gehirn, wodurch die Aktivität der Nerven reduziert wird.4https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16217123/ Wir fahren herunter – im wahrsten Sinne des Wortes. Denn Melatonin bewirkt auch, dass die Körpertemperatur und der Blutdruck sinkt.5http://www.chronobiology.ch/wp-content/uploads/publications/2006_07.pdf6https://journals.lww.com/cardiovascularendocrinology/fulltext/2012/03000/The_role_of_melatonin_in_hypertension___a_brief.4.aspx Das sind völlig normale Zustände während des Schlafes. Der Körper spart auf diese Weise Energie ein, die für andere Prozesse wie Reparaturarbeiten benötigt werden.
Auch interagiert Melatonin mit anderen Hormonen im Körper. Es kann zum Beispiel dabei helfen den Dopaminspiegel zu senken. Dopamin ist ein Hormon, das uns wach und fokussiert hält.7https://www.researchgate.net/profile/Nava_Zisapel/publication/11329100_Melatonin-Dopamine_Interactions_From_Basic_Neurochemistry_to_a_Clinical_Setting/links/5651ecd208ae1ef92975459f.pdf
Wie du siehst, hat Melatonin viele Wirkungen, die alle damit zu tun haben, den Körper auf Schlaf zu programmieren. Umso schlechter ist es, wenn uns das Hormon fehlt.
Die Folgen eines gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus durch zu wenig Melatonin
Vor allem Menschen ab 65 Jahren produzieren oftmals nur noch sehr wenig Melatonin, wodurch auch der Schlaf-Wach-Rhythmus zum Erliegen kommen kann.8https://journals.indexcopernicus.com/search/article?articleId=678016
Doch auch jüngeren Menschen kann es passieren, dass abends und nachts nicht genügend Melatonin in ihrem Körper vorhanden ist. Dadurch gerät die innere Uhr aus dem Gleichgewicht und das (Ein-)Schlafen fällt schwer.
Es gibt bestimmte Faktoren, die sich negativ auf die Melatoninproduktion auswirken. Dazu zählen unter anderem:
- Unregelmäßiges Zubettgehen und Aufstehen
- Helles / künstliches Licht am Abend
- Stimulanzien wie Koffein oder Alkohol
- Stress (das Stresshormon Cortisol ist der natürliche Gegenspieler von Melatonin)
- Zu wenig Bausteine für Melatonin, sodass der Körper es nicht produzieren kann (Tryptophan und Serotonin)
Gerade der letzte Punkt ist nicht zu unterschätzen. Tryptophan ist eine essentielle Aminosäure. Der Körper kann Tryptophan also nicht selbst herstellen, wodurch eine Zufuhr über die Nahrung (oder Nahrungsergänzungsmittel) notwendig ist.
Warum du für eine gute Melatonin Wirkung genug Tryptophan benötigst
Wenn genügend Tryptophan vorhanden ist, baut die Zirbeldrüse dieses tagsüber zunächst über die Zwischenstufe 5-Hydroxytryptophan zum Stimmungsmacher Serotonin um.
Damit dies geschehen kann, ist Licht notwendig – am besten Sonnenlicht. Vielleicht hast du schon mal bemerkt, dass du nach einem Tag, an dem du besonders viel draußen in der Sonne warst, besonders gut schlafen konntest. Das kann unter anderem daran liegen, dass während des Tages viel Serotonin gebildet wurde, welches die Vorstufe von Melatonin ist.
Sobald es dunkel wird, fällt der Serotoninspiegel schlagartig um etwa 80%. Die Zirbeldrüse fängt jetzt an, dieses zu Melatonin umzuwandeln. Über die Zwischenstufe Acetyl-Serotonin entsteht unser Schlafhormon.9https://www.ch.ic.ac.uk/local/projects/s_thipayang/synth.html
Die Synthese von Melatonin auf einen Blick:
L-Tryptophan → 5-HTP → Serotonin → Acetyl-Serotonin → Melatonin
Damit liegt nahe: Wenn nicht genügend Tryptophan vorhanden ist (unzureichende Zufuhr von außen) oder nicht genügend Serotonin (zu wenig Zeit in der Sonne/bei Tageslicht), dann kann kein Melatonin produziert werden; heißt: Es kann seine Wirkung nicht (voll) entfalten.
Lebensmittel mit L-Tryptophan
Damit du dich aktiv um einen guten Vorrat an Tryptophan kümmern kannst, findest du hier eine Liste mit Lebensmitteln, die besonders viel davon enthalten:10https://www.healthline.com/health/tryptophan
- Geflügelfleisch
- Eier
- Käse
- Fisch
- Erdnüsse
- Kürbiskerne
- Sesam
- Dunkle Schokolade (min. 80%)
Es gibt übrigens auch Lebensmittel, die einen kleinen Anteil Melatonin enthalten. Dazu zählen Pistazien, Pilze, Sauerkirschen oder Linsen. Verlasse dich dabei aber nicht zu sehr auf eine schlaffördernde Wirkung, da der Melatoningehalt vergleichsweise sehr gering ist.
Wenn du wissen möchtest, wie du deinen Melatoninspiegel ganz natürlich erhöhen kannst, findest du in unserem Artikel „Mehr Melatonin durch diese 13 Biohacks“ Antworten.
Melatonin Wirkung: Was der Allrounder sonst noch zu bieten hat
Melatonin sorgt dafür, dass wir bei Dunkelheit müde werden. Es senkt die Körpertemperatur und den Blutdruck, sodass der Körper im Schlaf mehr Energie für Regenerationsprozesse hat. Außerdem hat Melatonin antioxidative und antientzündliche Eigenschaften. Es schützt Zellen und Mitochondrien und beeinflusst das Immunsystem.
Anmerkung: Bei den unten aufgeführten Punkten handelt es sich um Wirkungen des vom Körper selbst produzierten Melatonins.
1. Melatonin Wirkung als Antioxidans
Du hast sicher schon oft davon gehört, dass Antioxidantien gut und wichtig für uns sind, weil sie unsere Zellen vor freien Radikalen schützen. Freie Radikale sind aggressive Moleküle, die bei ganz normalen Reaktionen in jeder Zelle entstehen, vor allem in den Mitochondrien.
Sind zu viele freie Radikale aktiv, führt das zu oxidativem Stress und Schäden in der Zelle – bis hin zur Zerstörung. Antioxidantien fungieren in dem Zusammenhang wie ein Schutzschild für die Zellen.
Normalerweise hört man immer wieder, dass zum Beispiel verschiedene Vitamine oder sekundäre Pflanzenstoffe Antioxidantien liefern. Doch tatsächlich produziert auch unser Körper selbst welche – einer davon ist Melatonin.
Die antioxidative Wirkung wird sogar noch verstärkt. Melatonin ist nämlich nicht nur selbst ein starkes Antioxidans, sondern aktiviert auch bestimmte Rezeptoren, die wiederum die Produktion weiterer antioxidativ wirkender Moleküle anschalten.11https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16098085/
Mit diesem Wissen bekommt der Begriff „Schönheitsschlaf“ gleich eine neue Bedeutung. Denn da Melatonin nachts während wir schlafen besonders stark ausgeschüttet wird, entfaltet es genau dann auch seine kraftvollen Effekte als Antioxidans.
2. Anti-entzündliche Eigenschaften
Wie wir nun wissen ist Melatonin ein Antioxidans. Antioxidantien sind dafür bekannt, Entzündungen zu verhindern. Denn zu viel oxidativer Stress sorgt durch die Schäden an den Zellen für eine Immunantwort, die mit chronischen Entzündungen einhergeht.12https://www.hindawi.com/journals/omcl/2016/7432797/
Das Schlafhormon ist ebenso in der Lage, bestimmte entzündungsfördernde Moleküle im Körper herunter zu regulieren oder gar zu blockieren. Auf der anderen Seite aktiviert es weitere Moleküle, die vor Entzündungen schützen.13https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jpi.12525
Da ist es kaum verwunderlich, dass Schlafmangel die Entstehung von Entzündungen bei gesunden Menschen begünstigt.14https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3548567/ Andauernder Schlafmangel und die damit einhergehenden Entzündungen können laut Wissenschaftlern das sogenannte metabolische Syndrom auslösen. Hierbei handelt es sich um einen Vorläufer von Diabetes Mellitus Typ 2, der mit diversen Stoffwechsel-relevanten Symptomen in Verbindung steht. Beispiele sind Bluthochdruck und Insulinresistenz.
3. Melatonin: Wirkung als Zell- und Mitochondrienschutz
In verschiedenen Geweben und Organen soll Melatonin als sogenanntes parakrines, intrakrines und autokrines Molekül als Signalstoff fungieren. Das bedeutet, dass es auf verschiedenen Wegen in der Zelle, in der es sich befindet wie auch in Nachbarzellen Effekte auslösen kann.
Diese Effekte sind homöostatischer Natur. Das bedeutet, dass sie die Herstellung eines natürlichen Gleichgewichts in den Zellen anstreben. Diese Zell-schützende Eigenschaft reguliert die Entgiftung der Zelle sowie die Reaktion auf Stress, der von außen einwirkt.15https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/20534884/
Bedeutet: Selbst wenn z.B. durch schädliche Substanzen, die von außen eindringen, Stress entsteht: Melatonin ist mit daran beteiligt, dass die Zelle besser darauf reagieren kann und die Zellen effektiver davor schützt.
4. Reguliert das Immunsystem
Melatonin wird in einer wissenschaftlichen Arbeit als „Puffer des Immunsystems“ beschrieben. Es soll zusammen mit der Zirbeldrüse Teil eines großen Netzwerks sein, welches Nervensystem und Immunsystem verbindet.
Die Forscher erläutern, dass Melatonin auf der einen Seite im Normalzustand oder bei einem geschwächten Immunsystem stimulierend wirken kann. So wurde in Versuchen gezeigt, dass es die Vermehrung wichtiger Immunzellen anstoßen kann. Auf der anderen Seite ist es in der Lage, verstärkte Immunantworten wie akute Entzündungen zu verringern (wie oben bereits beschrieben). Daher der Begriff „Puffer“.16https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3645767/
5. Melatonin und Anti-Aging
Die Wirkungen von Melatonin gehen, wie du vielleicht schon gemerkt hast, Hand in Hand. Auch eine verjüngende Eigenschaft wird dem Schlafhormon zugesprochen.
Wenn man weiß, warum und wie wir Menschen altern, ist das kaum verwunderlich: Ein bedeutender Trigger für eine vorzeitige Alterung ist vermehrter oxidativer Stress.17https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5927356/ Da Melatonin ein Antioxidans ist, erklärt sich von selbst, dass es durch die Neutralisierung von freien Radikalen auf lange Sicht auch die vorzeitige Alterung hemmen kann.
Du solltest dir aber darüber bewusst sein, dass allein Melatonin in der Hinsicht kein Wundermittel ist. Viel mehr ist es beim Thema Anti-Aging und Langlebigkeit sinnvoll, den Körper auf mehreren Wegen dauerhaft zu entlasten, sodass er z.B. dafür sorgen kann, dass beschädigte Zellen eliminiert werden.
Ein extrem wirkungsvolles Mittel ist in dem Zusammenhang übrigens Fasten!18https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4254402/19https://www.medicalnewstoday.com/articles/323039#A-drug-target-to-stop-aging,-chronic-disease Ob Intervallfasten auf täglicher Basis oder Heilfasten alle paar Monate (oder am besten beides zusammen) – es wird dir dank Autophagie und anderen Prozessen, die währenddessen stattfinden, guttun. Genügend Schlaf und Melatonin obendrauf sind in der Kombination ein guter Ansatz in Richtung Anti-Aging.
6. Melatonin Wirkung im Darm
Das Vorkommen und die Funktion von Melatonin im Darm rückt mehr und mehr in den Vordergrund der wissenschaftlichen Forschung. Im Darm ist die Melatonin-Konzentration sage und schreibe 400 Mal höher als in der Zirbeldrüse, wo das Hormon eigentlich produziert wird.
Heute weiß man: Melatonin wird auch direkt im Darm aus L-Tryptophan hergestellt – es braucht die Zirbeldrüse dafür also nicht unbedingt.20https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/8359272/
Im Darm ist Melatonin an der Regulation verschiedener Funktionen beteiligt. Darunter fällt beispielsweise die Kontrolle des Magen-Darm-Trakts im gesunden sowie im erkrankten Zustand.
Eine gestörte Melatonin-Funktion soll bei verschiedenen chronischen Erkrankungen des Darms eine Rolle spielen, so z.B. beim Reizdarmsyndrom. Es hat unter anderem einen Einfluss auf die Stärke der Kontraktion der Darmmuskeln sowie auf das Schmerzempfinden.21https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19996484/22https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3198018/
Fazit: Die Melatonin Wirkung geht weit über die Regulierung des Tag-Nacht-Rhythsmus hinaus
Melatonin ist ein Allrounder. Eine wichtige Funktion ist ohne Frage die Justierung der inneren Uhr. Doch darüber hinaus entfaltet unser körpereigenes Hormon vielfache Wirkungen in unserem Körper.
Es ist ein starkes Antioxidans, das durch entzündungshemmende Eigenschaften unsere Zellen schützt. Zudem reguliert es unser Immunsystem, indem es dessen Funktion fördern kann, aber auch bei starken Immunreaktionen wie Entzündungen hemmend wirkt.
Falls du überlegst dir ein Präparat mit Melatonin zu kaufen, findest du in unserem Artikel „Melatonin kaufen für eine gute Nacht: Worauf du achten solltest“ alle Tipps dazu.
Einzelnachweise
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