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Der größte Einwand von Menschen, die Meditation ausprobieren wollen: „Ich kann nicht still sitzen“. Wenn du auch zu diesen Menschen gehörst, gibt es jetzt gute Nachrichten. Denn du musst nicht mehr still sitzen. Du kannst sogar im Gehen meditieren, theoretisch auch dann, wenn du einfach nur zum Supermarkt schlenderst. Mit einer Gehmeditation.
Was ist eine Gehmeditation?
Meditation ist ein Wort, für das es fast keine einheitliche Definition gibt. Viele übersetzen es, mit „achtsam“ oder „im Moment“ sein. Oder sich seiner Gedanken und Gefühle gewahr zu werden.
Was dennoch so gut wie alle Strömungen und Erklärungsversuche gemein haben, ist folgender Aspekt: Es geht darum, im Hier und Jetzt zu sein. Den Augenblick zu erleben. Und das ganz unabhängig davon, was man macht. Abwasch-Meditationen oder sogar Klo-Meditationen sind nicht so abwegig wie gedacht und Anleitungen durchaus im Internet zu finden.
Deswegen ist es auch kein Wunder, dass es Gehmeditationen gibt. Die Tradition der Gehmeditation geht zurück auf alte Zen-Mönche. Dabei wird tatsächlich während des Gehens meditiert. Je nach Art gibt es dabei unterschiedliche Aspekte, die bei jedem Schritt in einer gewissen Abfolge wichtig sind. Dazu zählt zum Beispiel der Atem oder die Gedanken. Zu einer genauen Anleitung kommen wir gleich.
Was sind die Vorteile einer Gehmeditation im Vergleich zu einer „normalen“ Meditation?
Vielleicht hast du schon einmal davon gehört, dass auch Philosophen früher viel beim Gehen gedacht und gesprochen haben. Der große Nutzen dahinter war und ist folgender: Wenn wir gehen, haben wir etwas zu tun. Wir müssen uns nicht mehr darauf konzentrieren, nichts mehr zu denken oder still zu sitzen, sondern sind immer noch Reizen ausgesetzt.
Die Folge ist, dass gute Gedanken, Einfälle oder Körperempfindungen dann viel zugänglicher sein können. Wir erzwingen sie nicht mehr, sondern sie passieren beiläufig.
Ein weiteres Beispiel ist dabei unsere tägliche Dusche. Viele Menschen berichten, dass die besten Einfälle unter der Dusche kommen. Schlicht deshalb, weil wir uns nicht verkrampft auf eine Sache fokussieren und die Gedanken kommen und gehen. Genauso kann eine Gehmeditation ihren Vorteil haben.
Das Meditieren wird nicht mehr zu einer Sache, welche man „richtig machen“ muss. Sondern es passiert einfach so während des Gehens.
Weitere Vorteile gegenüber einer „normalen“ Meditation
1. Enorme Alltagstauglichkeit
Wir alle spazieren dann und wann mal irgendwo hin. Zum Einkaufen, in den Park oder an den See. Eine Gehmeditation lässt sich somit hervorragend mit – im wahrsten Sinne des Wortes – gängigen Alltagssituationen verbinden und ist für die effiziente Art Mensch perfekt geeignet.
2. Entspannung pur
Eine Gehmeditation ist für viele Beginner entspannter. Kein langes Herumsitzen, kein Verkrampfen, kein Einschlafen der Gliedmaßen. So leicht es klingt, so wahr ist es: Mit der Gehmeditation kannst du die Tücken der „normalen“ Meditation ganz einfach austricksen.
3. Viele Orte, viele Sinne
Natürlich gibt es auch die klassischen Räume, die auf eine Gehmeditation zugeschnitten sind. So zum Beispiel kreisförmige Räume in Klostern. Doch das Gute ist, Gehmeditationen sind an so vielen Orten möglich. Darunter:
- Parks
- Strand
- Wanderwege
- an Seen
- im Wald
- auf dem Gehweg einer Landstraße
- ja, theoretisch sogar von der Küche zum Bad
Du solltest darauf achten, möglichst ungestört zu sein und nicht durch zu viele Reize von anderen Menschen, Lichtern oder Geschäften abgelenkt zu sein. Denn wie wir gleich sehen werden, geht es bei der Gehmeditation darum, vielen Einwirkungen auf deine Sinne möglichst pur und unverfälscht zu begegnen.
Absolute Gehmeditations-Profis schaffen es nach genügend Übung auch in der Stadt bei Verkehr und vielen Reizen abzuschalten und voll im Moment anzukommen.
Wozu eignet sich die Gehmeditation überhaupt?
Die Gehmeditation hat einen ähnlichen Effekt wie normale Meditation. Sie kann Stress vorbeugen, dich „herunterbringen“ und somit Dutzende bereits erwiesene Vorteile auf deine Gesundheit und dein Wohlbefinden ausüben. Einige Beispiele gefällig?
- Schon leichtes Gehen stimuliert deine Blutzirkulation und senkt damit deine Anfälligkeit für Herz-Kreislauf-Probleme.1Walking – the first steps in cardiovascular disease prevention
- Leichte Bewegung und Gehen stimulieren deine Verdauung durch den erhöhten Kreislauf.2Walking just after a meal seems to be more effective for weight loss than waiting for one hour to walk after a meal
- Eine Studie von 2017 hat beobachtet, dass Gehen in Verbindung mit Meditation wunderbar gegen Angstzustände wirken kann. 3Differential Experimental Effects of a Short Bout of Walking, Meditation, or Combination of Walking and Meditation on State Anxiety Among Young Adults
- Ein Jahr später wurde wissenschaftlich aufgezeigt, dass eine Gehmeditation im Wald nicht nur den Blutzuckerspiegel positiv beeinflusst. Den Teilnehmern ging es auch hinsichtlich ihrer Stimmung und emotionalen Verfassung deutlich besser.4Effects of Walking in Bamboo Forest and City Environments on Brainwave Activity in Young Adults
- Und auch die Koordination, Balance und ein „gutes“ Körpergefühl werden durch Gehmeditationen gestärkt.5Walking meditation promotes ankle proprioception and balance performance among elderly women
Gehmeditation Anleitung: Aufstehen und los geht’s
Nachdem wir dir jetzt die Gehmeditation mächtig schmackhaft gemacht haben, wollen wir dir natürlich nicht vorenthalten, wie es funktioniert.
Der Rahmen
Eine Sache vorweg: Du kannst (fast) nichts falsch machen. In Ordnung, wenn du laut schreiend über den Marktplatz rennst, ist dies sicherlich nicht die effektivste Form von Gehmeditation, doch ansonsten herrschen wenig Fehlerquellen. Es kann also völlig normal sein, dass du mal mehr abgelenkt bist oder es nicht „richtig fühlst“. Lass dich davon nicht unterkriegen und mach einfach weiter.
Der Ablauf
Wie funktioniert eine Gehmeditation?
- Handy weg
Du solltest während der Gehmeditation nicht durch Benachrichtigungen oder Anrufe gestört werden. Lass das Handy im besten Falle zu Hause oder schalte es auf stumm.
- Im Moment ankommen
Stelle oder setze dich hin und atme dreimal sanft, ruhig und lange ein und aus. Sag dir innerlich, dass es jetzt an der Zeit ist, alle Sorgen und Gedanken loszuwerden. Lenke danach deine Aufmerksamkeit auf deine Füße und spüre diese für ca. 1 Minute.
- Mit dem Gehen starten
Starte langsam. Während des Gehens kannst du dir vorstellen, wie du über Wolken gehst. Bleibe aufrecht und genieße jeden Schritt.
- Atmen: Der Schlüssel
Atme bewusst ein und aus. Du kannst dich mit deinem Atem entspannen. Das bedeutet, atme tatsächlich bewusst ein und aus, aber strenge dich nicht an, den Atem in einem speziellen Rhythmus zu halten. Lasse ihn fließen.
- Alle Sinne aktivieren
Nun kannst du nach den ersten Metern deine anderen Sinne mit einbinden. Was riechst du? Welche Farben siehst du? Was hörst du? Du musst deine Sinne dabei nicht gleichzeitig beobachten. Mache genau das, was dir buchstäblich bei jedem Schritt in den Sinn kommt.
- Eintauchen
Tauche so in jedem Moment tiefer und tiefer ein. Solltest du einmal abgelenkt werden, beginne einfach neu.
- Abschluss
Wenn du dich frisch fühlst oder es dir reicht – dies kann nach 5 Minuten oder auch nach 50 Minuten sein – halte noch einmal inne und verharre für 2-3 Minuten mit ruhigem Geist. Du wirst merken, dass dich diese Gehmeditation wahrscheinlich auch ohne dass du es zwischendurch gemerkt hast, sehr erfrischt hat.
Natürlich gibt es mehrere Arten von Gehmeditationen. Meistens besitzen diese auch keine feste Form und können nach Belieben selbst gestaltet werden. Um dir dennoch den inhaltlichen Rahmen am Anfang so zugänglich wie möglich zu machen, haben wir hier noch eine sehr ansprechende Variante von Laura Seiler für dich.
Dein Mantra
In dem Hörbeispiel erfährst du ebenfalls ein spezielles Mantra, welches du dir während der Meditation in deine Gedanken holen kannst. Dieses Mantra ist natürlich veränderbar und darf von dir so gestaltet werden wie du es gerade am besten brauchst. Einige Beispiele könnten sein:
- „Ich fühle mich sicher“
- „Heute fühle ich mich frei“
- „Ich bin Herr meiner Selbst“
- „Mich bringt nichts außer Ruhe“
- „Ich darf mich zeigen wie ich bin“
- „Mein Körper strotzt voller Energie“
Übrigens, wenn du noch mehr über die Macht des Mantras wissen möchtest, empfehlen wir dir unseren Artikel zur transzendentalen Meditation. Diese Art ist nochmal eine ganz andere, an ihr wird dennoch die Bedeutung eines kraftvollen Mantras sehr schön aufgezeigt.
Fazit: Spaziergänge neu gestalten
Die Gehmeditation ist eine leichte, einfache Übung, um mit dem riesigen Feld der Meditation in Kontakt zu kommen. Ihre Vorteile bestehen vor allem darin, dass man Alltagssituationen mit Bewegung und dem meditativen Fokus wirklich effizient verbinden kann.
Am Ende ist es dann das, was man daraus macht. Dient der Spaziergang zum Supermarkt als Gelegenheit, um für ein paar Minuten zu versinken und sich „frischer“ zu machen, oder wird die Gehmeditation sogar ein handfestes, längeres Ritual, in dem du mit mehr Praxis und Hingabe wirklich tiefe meditative Momente erlebst? Wie so oft im Leben, heißt es auch bei der Gehmeditation: Die Entscheidung liegt bei dir.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Gehmeditation
Die Gehmeditation ist eine Form der Meditation, bei der du mit offenen Augen und Sinnen eine Strecke gehst. Das Ziel ist dabei, bewusst zu laufen und jeden Schritt mitsamt allen äußeren Eindrücken achtsam wahrzunehmen.
Bei der Gehmeditation gehst du meditativ Schritt für Schritt eine Strecke in der Natur oder zuhause. Dabei achtest du auf deinen Atem und kannst zusätzlich deine Aufmerksamkeit auf das konzentrieren, was du wahrnimmst: Farben, Gerüche, Töne, Gefühle. Anfängern wird empfohlen, mit langsamen Schritten für 5-10 Minuten am Tag zu starten.
Einzelnachweise
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