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In diesem Artikel erfährst du, warum wir bei Primal State große Fans vom barfuß laufen sind. Du lernst, warum das ständige Tragen von gepolsterten Schuhen kontraproduktiv ist und wie Barfußlaufen deine Fußmuskulatur wieder aufbauen kann.
Und weil es in der heutigen Gesellschaft in vielen Fällen unangebracht ist „barfuß zu erscheinen“, wirst du lernen wie du die Vorzüge trotz Schuhe ausnutzen kannst. Stichwort: Barfußschuhe.
Barfuß laufen und Schuhe im Lichte der Evolution
Schuhe sind ein Paradebeispiel der Anpassungsfähigkeit und Intelligenz des Menschen.
Während andere Lebewesen oft spezialisierte Fähigkeiten aufweisen und sich körperlich auf verschiedenste Art und Weise der Umwelt angepasst haben, stechen wir Menschen besonders dadurch heraus, dass wir weder besonders gut sehen, hören, noch riechen können.
Trotzdem sind wir an der Spitze der Nahrungskette.
Das was uns ausmacht, sitzt zwischen unseren beiden Ohren und ermöglicht uns die kompliziertesten Werkzeuge zu bauen und großartige Erfindungen zu realisieren.
Autos, Flugzeuge, elektrisches Licht, Heizungen, Handys. All diese Erfindungen sind unglaublich nützlich und ermöglichen diesen Siegeszug der Menschheit über den gesamten Planeten.
Doch neben all den Vorzügen, gibt es auch viele negative Aspekte und Auswirkungen auf die Umwelt und auch unseren Körper und Geist.
Eine dieser Erfindungen, die wahrscheinlich nicht nur Vorzüge hat, sondern auch negative Auswirkungen auf den Körper haben kann, ist absolut banal.
Und zwar geht es um unsere heiß geliebten Schuhe. Insbesondere um unsere Hightech Sneaker, die mit „Wolke 7 Polsterung“ für ein Gefühl sorgen, als würden wir schweben.
Sie sind extrem bequem und entlasten die Fußmuskulatur. Und genau da liegt das versteckte Problem. Durch die dauerhafte Entlastung können sich wichtige Muskeln im Fuß zurückbilden.
Doch dazu gleich mehr.
Zuerst wollen wir uns der Frage widmen, seit wann Menschen Schuhe tragen und wie sich die ersten Schuhe vom Barfuß laufen unterschieden?
Die Geschichte der Sandalen und Schuhe
Die ersten Schuhe wurden bereits vor tausenden von Jahren hergestellt und dienten lediglich in Form von Lappen als Schutz vor Hitze, Kälte oder Nässe.
Höhlenzeichnungen lassen erahnen, dass sich der Mensch Blätter oder Tierhäute um die Füße wickelte, um diese vor Verletzungen zu schützen.
Das älteste Schuhpaar, das man bisher entdecken konnte, ist ganze 9000 Jahre alt – es handelt sich dabei um Sandalen aus Pflanzen.
Das bekannteste Paar stammt vom Ötzi, der ungefähr 5300 Jahre alt ist. Seine Schuhe waren bereits etwas weiter entwickelt und bestanden aus Bärenleder und enthielten einen Außen- und Innenschuh zwischen dem eine Heupolsterung für warme Füße gesorgt hat.
Schuhe in warmen Regionen
In Ägypten wurden Sandalen aus Bast und Papyrus hergestellt, während im Norden eher Leder verwendet wurde. Und auch in der griechisch-römischen Antike kamen knöchelhohe Sandalen zum Einsatz.
Die Römer stellten allerdings auch Schuhe her und unterschieden sogar schon zwischen rechten und linken Schuhen. Während es in der römischen Antike also für den rechten und linken Fuß zwei verschiedene Form-Werkzeuge gab, arbeiteten die Schuster im 17. Jahrhundert mit einem einzelnen Form-Werkzeug für beide Füße.
Und auch im Abendland wurden Schuhe ca. 400 nach Christus weiterentwickelt. Der Schuh mit Absatz hat hier seine Herkunft: Während Frauen mit niedrigem Rang flache Schuhe trugen, wurden Schuhe von Frauen mit hohem sozialem Stand mit Holzkeilen unterbaut.
Mode und Bequemlichkeit auf Kosten der Gesundheit?
Während Schuhe zu Anfang lediglich dem Schutz der Fußsohle dienten, entwickelten sie sich über viele Kulturen zu Mode-Objekten und hochgepolsterten Hightech-Schuhen, die die Fußmuskulatur so stark entlasten, dass sich Sehnen und Muskeln zurückbilden.
Außerdem leidet die natürliche Laufbewegung – das Abrollen über den Vorderfuß – stark darunter.
Also doch lieber Barfuß laufen?
- Barfußlaufen stärkt die Fußmuskulatur und steigert die Durchblutung
- Barfußlaufen fördert den Vorfußlauf, der alle Gelenke des Körpers entlastet1University of Virginia, January 2010: The Effect of Running Shoes on Lower Extremity Joint Torques
- Eine trainierte Fußmuskulatur entlastet die Gelenke und Wirbelsäule2University of Virginia, January 2010: The Effect of Running Shoes on Lower Extremity Joint Torques
- Ein geübter Barfußläufer erleidet weniger Verletzungen3US Army Med Dep J. 2012 Oct-Dec:25-30. Relationships among self-reported shoe type, footstrike pattern, and injury incidence.4Med Sci Sports Exerc. 2012 Jul. Foot strike and injury rates in endurance runners: a retrospective study.
Anatomie des Fußes
Der Fuß enthält eine Vielzahl an Knochen und Gelenken und wird in die Fußwurzel (Tarsus), den Mittelfuß (Metatarsus) und die Zehen (Digiti pedis) eingeteilt. Das Sprungbein der Fußwurzel ist über das obere Sprunggelenk mit den Unterschenkelknochen verbunden.
Die Knochenführung und die stark ausgeprägten Seitenbänder führen dazu, dass im oberen Sprunggelenk nur eine Beugebewegung (Dorsalflexion) und eine Streckbewegung (Plantarflexion) möglich ist.
Diese Bewegung spielt später im Artikel noch eine tragende Rolle in der Federung der Laufbewegung. Das untere Sprunggelenk ist für die Drehbewegung des Fußes um eine schräge Achse verantwortlich (Supination/Pronation).
Die anderen Gelenke zwischen den Knochen der Fußwurzel und Fußwurzel-Mittelgelenke haben nur die Fähigkeit federnd zu wackeln. Sie werden auch als „straffe“ Gelenke bezeichnet.
Die Gelenke der Zehen können gebeugt und gestreckt werden – außerdem sind in den Grundgelenken der Zehen auch Spreizbewegungen möglich.
Der Aufbau und die Beweglichkeit des menschlichen Fußes sind für den aufrechten Gang ausgelegt und gewährleistet mit einer doppelten Gewölbeform (in Längs- und in Querrichtung) einen festen Halt und Stand.
Das Körpergewicht ruht bei einem normal geformten Fuß auf Ferse und den 1. und 5. Mittelfußknochen.
Pathologien des Fußes
Sicher ist dir der Plattfuß oder der Spreizfuß ein Begriff. Dabei handelt es sich um eine Abflachung des Gewölbes (Plattfuß: Abflachung des Längsgewölbes, Spreizfuß: Abflachung des Quergewölbes).
Beim weiblichen Geschlecht fallen zudem oft Abweichungen der großen Zehe in Richtung der Kleinzehe auf (auch Hallux valgus).
Vergleich der Bewegung: Barfußlaufen gegen Turnschuhträger
Dass Schuhe durch ihre angepasste Form die Fußmuskeln entlasten, was neben dem Komfort auch negative Auswirkungen haben kann, ist bereits klar.
Dass Schuhträger allerdings auch ganz anders auftreten als geübte Barfußläufer oder Minimalschuh-Träger, ist für viele eine neue Information.
Sehr anschaulich wird das in den folgenden Videos der Forschungsgruppe um Daniel E. Lieberman, Harvard.5Harvard University – Skeletal Biology Lab – Biomechanics of Foot Strikes & Applications to Running Barefoot or in Minimal Footwear
Mit Turnschuhen
Barfuß laufen
Was wir auf dem ersten Video sehen, ist ein abrupter Aufprall der Hacke und ein anschließendes Abrollen über den Mittel und Vorderfuß. Trotz der „empfohlenen“ gepolsterten Joggingschuhe ist die Belastung der Gelenke enorm.6Lieberman DE, Venkadesan M, Werbel WA, Daoud AI, D’Andrea S, Davis IS, Mang’eni RO, Pitsiladis Y. (2010) Foot strike patterns and collision forces in habitually barefoot versus shod runners. … Continue reading
Im zweiten Video sehen wir einen geübten Barfußläufer, bei dem sofort auffällt, dass der Läufer nicht über die Hacke abrollt, sondern zuerst mit seinem Vorderfuß landet und sein Sprunggelenk als Feder nutzt. 7Lieberman DE, Venkadesan M, Werbel WA, Daoud AI, D’Andrea S, Davis IS, Mang’eni RO, Pitsiladis Y. (2010) Foot strike patterns and collision forces in habitually barefoot versus shod runners. … Continue reading
Das entlastet alle Gelenke von den Füßen über die Knie bis zur Halswirbelsäule und das ganze ohne künstliche Polsterung.
Barfußschuhe
Eine wunderbare Möglichkeit auf barfuß umzusteigen, sind Barfußschuhe – oder für den Sommer leichte Sandalen wie die Luna Sandals.
Der Vorteil ist, dass die Füße trotzdem vor großen Verletzungen geschützt sind, niemand einen schräg anguckt, während man fast alle Vorzüge des Barfußlaufens beibehält.
Es gibt mittlerweile viele verschiedene Anbieter und ein großes Spektrum an Schuhtypen – vom Sportschuh über die Desert Boots bis hin zu handgearbeiteten Anzugschuhen.
Ich persönlich bevorzuge Barfußschuhe, die nicht wie bei Vibram FivefingersAmazon, die einzelnen Zehen umhüllen. Das ermöglicht den direkten Kontakt und die Kommunikation zwischen den einzelnen Zehen und gibt so besseres Feedback über den Untergrund.
Bei den Vibram Fivefingers hat mich das immer sehr gestört, dass meine Zehen durch die Trennungen nicht direkt aufeinander liegen. Aus dem Grund bevorzuge ich die Vivobarefoot SchuheAmazon.
In meinem eigenen Sortiment sind die Vivobarefoot Stealth MenAmazon (Welche es auch für die LadiesAmazon gibt) und die Vivobarefoot Gobi IIAmazon.
Die Qualität ist super. Zuerst hatte ich Angst, dass die Sohle schnell abgelaufen ist (was bei mir fast immer der Fall ist) – diese Angst war aber völlig unberechtigt.
Am besten gehst du für Barfußschuhe direkt in ein Fachgeschäft für eine optimale Beratung.
Was musst du beim Umstieg beachten?
Wenn du einfach nur barfuß „gehen“ möchtest, kannst du das ohne Bedenken tun. Möchtest du hingegen von gepolsterten Sportschuhen zu barfußlaufen oder Joggen umsteigen, musst du einige Kriterien beachten, um das Verletzungsrisiko möglichst gering zu halten.
Die Sehnen und die Muskulatur sind durch das Schuh tragen keine großen Belastungen mehr gewöhnt und müssen so schrittweise wieder daran gewöhnt werden. Eine Regel solltest du allerdings nicht nur beim Laufen, sondern auch beim Gehen beachten: sobald Schmerzen auftreten gehe es etwas langsamer an.8Bramble DM and Lieberman, DE (2004) Endurance running and the Evolution of Homo. Nature. 432: 345-352.
Der richtige Einstieg ins barfuß Laufen
Benötigte Zeit: 21 Tage
Barfuß gehen und besonders Barfußlaufen benötigt eine starke Muskulatur in den Füßen, die vermutlich sehr schwach ist.
Besonders beansprucht wird durch den Vorderfuß-Gang die exzentrische Muskelarbeit, der Fußstrecker – also die Muskelgruppe, die für die Streckung des Fußes verantwortlich ist, um die Landung abzufedern.
Bei Überbeanspruchung führt es zu Muskelkater, Verspannungen und eventuell Verletzungen.
Aus diesem Grund solltest du langsam, aber regelmäßig aufbauen:
- Erste Woche Barfuß laufen
1-2 Stunden täglich Barfuß gehen mit anschließender Fußgymnastik und Fußmassage.
- Zweite Woche Barfuß laufen (und joggen)
3-4 Stunden täglich Barfuß gehen mit anschließender Fußgymnastik und Massage + nach Wunsch: Barfußlaufen (Joggen) nicht mehr als einen halben bis ganzen Kilometer.
- Dritte Woche
Kompletter Umstieg auf Barfuß laufen / Minimalschuhtragen mit regelmäßiger Fußgymnastik und Massage + nach Wunsch: Laufstrecke jede Woche nicht mehr als 10% erhöhen.
Fortführende Informationen
Der Hersteller “Vibram Fivefingers” hat zum Umstieg auf das Barfußlaufen einen sehr umfangreichen Guide geschrieben, der unter anderem nicht nur ein ausgezeichnetes Protokoll für das Lauftraining bereithält, sondern auch super Übungen für die Fußgymnastik.
Damit sollte deinem Umstieg nichts mehr im Weg stehen. – Laufen mit Vibram FiveFingers: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung. Falls du Anregungen zu diesem Thema hast oder eigene Erfahrungen gesammelt hast kannst du diesen Artikel gerne unten kommentieren.
Einzelnachweise
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