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Apfelessig ist eines der bekanntesten Hausmittel. Er wird schon seit Jahrhunderten in der Küche und in der Naturheilkunde verwendet. In den letzten Jahren ist er zum wahren Superfood aufgestiegen.
Leider ist die Wirkung von Hausmitteln meist wissenschaftlich nicht gut untersucht. Vielmehr verlassen wir uns auf Erfahrungsberichte von Menschen, die damit gute Erfahrungen gemacht haben. Zu Apfelessig finden sich jedoch auch einige Studien in der wissenschaftlichen Literatur.
Hier erfährst du, welche Wirkung gut belegt ist und wo noch weitere Forschung notwendig ist.
Was ist Apfelessig und wie wird er hergestellt?
Apfelessig wird in zwei Schritten hergestellt.
- Der Apfelsaft aus den gepressten Äpfeln wird mithilfe von Hefe zu Apfelwein vergärt.
- Essigsäurebakterien wandeln den Zucker und den Alkohol in Essigsäure um.
Fertiger Apfelessig enthält ca. 5-6% Essigsäure, die dem Essig seinen sauren Geschmack und intensiven Geruch verleiht.
Der aus Äpfeln gewonnene Essig liefert neben Essigsäure noch allerlei Vitamine und Mineralien. Durch den Fermentationsprozess enthält er auch Mikroorganismen, die eine potentielle probiotische Funktion haben.
Apfelessig trinken: Wirkung und 7 gesundheitliche Vorteile
Apfelessig werden viele gesundheitliche Vorteile nachgesagt. Nicht alle davon sind wissenschaftlich gut belegt. Wir nehmen hier die am weitesten verbreiteten Aussagen unter die Lupe.
Mythos 1: Apfelessig trinken senkt den Blutdruck
Apfelessig wird oft als „herzgesund“ angepriesen, da er den Blutdruck senken soll. Ein zu hoher Blutdruck schädigt auf Dauer die Blutgefäße und begünstigt so Atherosklerose (Gefäßverkalkung) und Herzinfarkt.
Tatsächlich gibt es einige Tierstudien, in denen er den Blutdruck senken konnte.1https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26476634/2https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/11826965/ Allerdings gibt es kaum Studien, die untersucht haben, ob das auch beim Menschen der Fall ist.
De facto gibt es bisher keine Studie, die nachweisen konnte, dass Apfelessig beim Menschen den Blutdruck senken kann. In einer Studie mit 70 Diabetes-Patienten machten 20 ml Apfelessig täglich für 8 Wochen keinen Unterschied hinsichtlich des Blutdrucks.3https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31451249/
Das heißt nicht, dass er nicht bei einer höheren Dosis oder bei Menschen ohne Diabetes blutdrucksenkend wirken könnte. Das muss allerdings noch besser untersucht werden.
Mythos 2: Apfelessig wirkt verdauungsfördernd
Dem beliebten Obstessig wird häufig nachgesagt, dass er verdauungsfördernd sei. Dies soll auf den Ballaststoff Pektin zurückzuführen sein, den er enthält.
Außerdem soll die Säure des Essigs die Verdauung im Magen anregen. Denn Magensäure ist für die Verdauung essentiell. Sie hilft, Nahrung zu zersetzen und erhöht die Aufnahme mancher Nährstoffe. Und Verdauungsenzyme sind nur bei niedrigem pH-Wert aktiv.
Das sagt die Wissenschaft
Es gibt nicht viele Studien, die untersucht haben, ob er tatsächlich verdauungsfördernd wirkt. In einer Studie mit Patienten mit Typ 1 Diabetes hatte er allerdings den gegenteiligen Effekt.
Menschen mit Typ 1 Diabetes leiden häufig an einer verzögerten Magenentleerung (Gastroparese), was Völlegefühl und Übelkeit verursachen kann. Apfelessig hat in der Studie die Magenentleerung sogar weiter verlangsamt.4https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2245945/
Tatsächlich ist der Ballaststoffgehalt von Apfelessig nicht hoch genug, um die Verdauung anzuregen. Selbst Apfelsaft enthält pro 100 ml nur 0,2 g Ballaststoffe. Und du musst bedenken, dass man Essig nur in geringen Mengen zu sich nimmt.
Inwiefern Apfelessig den pH-Wert im Magen verändern kann, ist ebenfalls ungeklärt. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die geringen Mengen keine große Auswirkung haben. Das Volumen des Magensafts ist im Vergleich zu den wenigen Esslöffeln Apfelessig recht groß.
Apfelessig scheint also keine eindeutige Wirkung auf die Verdauung zu haben.
Mythos 3: Er hat eine keimtötende Wirkung
Die keimtötende Wirkung von Apfelessig ist schon lange bekannt. Hippocrates, der Vater der modernen Medizin, hat vor 2.000 Jahren Essig zur Wundreinigung verwendet. Heutzutage gibt es jedoch bessere Alternativen, die die Haut nicht so stark reizen.
Die keimtötende Wirkung ist hauptsächlich auf den Säuregehalt zurückzuführen. Dadurch ist er aber leider auch sehr reizend. Deswegen musst du ihn beim Trinken stark verdünnen, wodurch auch die keimtötende Wirkung nachlässt.
Aber du kannst dir diese Wirkung zunutze machen, wenn du ihn als Salatdressing nutzt. Da Salat nicht gekocht wird, ist die Gefahr einer hohen Keimbelastung relativ hoch, selbst wenn du ihn wäschst. Eine Studie hat gezeigt, dass er im Salat Keime abtöten kann.5https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15698693/ Aus diesem Grund wird Apfelessig auch gerne als Konservierungsmittel genutzt.
Mythos 4: Apfelessig trinken verbessert die Darmflora
Durch den Fermentationsprozess enthält der Essig Bakterien (sofern er nicht pasteurisiert wurde) und wird deshalb oft als Probiotikum bezeichnet.6https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5620630/
Man weiß jedoch nicht, ob diese Bakterien den Verdauungsprozess überstehen und sich tatsächlich im Darm ansiedeln können. Wahrscheinlich ist die Anzahl probiotischer Bakterien im Apfelessig auch deutlich geringer als in anderen probiotischen Lebensmitteln.
In einer Studie mit Ratten konnte die Einnahme von Apfelessig das Verhältnis von Firmicutes zu Bacteriodetes Bakterien im Darm in Richtung Bacteriodetes Bakterien verschieben.7https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1878648019304392
Im Darm übergewichtiger Menschen ist das Verhältnis in der Regel umgekehrt: Es ist in Richtung Firmicutes Bakterien verschoben.8https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5440985/
Deswegen gehen Wissenschaftler davon aus, dass das Firmicutes/Bacteriodetes Verhältnis eine Rolle bei der Gewichtsregulation spielt.
Allerdings weiß man nicht, ob Apfelessig auch beim Menschen einen positiven Einfluss auf die Darmflora hat.
Mythos 5: Er wirkt Antioxidativ
Apfelessig ist reich an Polyphenolen, die eine antioxidative Wirkung haben. Oxidativer Stress kann Zellen und Gewebe schädigen. Er treibt den Alterungsprozess voran und erhöht das Risiko für chronische Erkrankungen.
Antioxidantien verringern oxidativen Stress und können so möglicherweise helfen, Krankheiten vorzubeugen.
Studien an Ratten haben gezeigt, dass Apfelessig oxidativen Stress verringern kann.9https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29091513/10https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31140380/ Dies konnte allerdings noch nicht beim Menschen gezeigt werden.
Mythos 6: Apfelessig trinken senkt den Blutzucker
Ein gut regulierter Blutzucker ist erstrebenswert, weil er sich auf den gesamten Stoffwechsel positiv auswirkt.
Diabetiker haben Schwierigkeiten, ihren Blutzucker zu regulieren.
Eine Metaanalyse, die 6 Studien mit insgesamt 317 Diabetespatienten umfasste, ergab, dass Apfelessig den Nüchternblutzucker und den Langzeitblutzucker HbA1c signifikant senken kann.11https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31667860/
Auch bei gesunden Menschen kann er den Blutzuckeranstieg nach einer Mahlzeit verringern.12https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/7796781/
Mythos 7: Er liefert Vitamine und Mineralien
Apfelessig enthält eine ganze Reihe an Vitaminen und Mineralien. Er ist besonders reich an Mangan und enthält auch etwas Calcium, Kupfer, Eisen, Magnesium, Phosphat, und Kalium.13https://fdc.nal.usda.gov/fdc-app.html#/food-details/173469/nutrients Außerdem liefert er Aminosäuren.14https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S175646461930605X
Apfelessig trinken zum Abnehmen: Hilft er wirklich?
Apfelessig kann auf mehrere Weisen die Gewichtsabnahme unterstützen. Aus Tierstudien weiß man, dass die darin enthaltene Essigsäure appetitregulierend wirkt.15https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5532206/
Außerdem hilft er, wie bereits beschrieben, nach einer Mahlzeit den Blutzucker zu regulieren. Da starke Blutzuckerschwankungen Heißhunger auslösen können, hilft er wahrscheinlich, Heißhungerattacken zu verhindern.
Aus Tierstudien weiß man zudem, dass er den Stoffwechsel anregt und die Fettverbrennung verbessert.16https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/16630552/17https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19469536/ Auch die Verbesserung des Verhältnisses der Firmicutes zu Bacteriodetes Bakterien ist ein Hinweis darauf, dass er für eine schlanke Linie behilflich sein kann.
Tatsächlich lässt sich dies in Studien am Menschen bestätigen. In einer Studie mit fettleibigen japanischen Probanden nahmen die Studienteilnehmer für einen Zeitraum von 12 Wochen täglich 15 ml oder 30 ml Apfelessig oder ein Placebo zu sich.
Nach 12 Wochen hatte die Gruppe mit der geringeren Dosis im Schnitt 1,2 kg verloren, die mit der höheren Dosis 1,9 kg. Die Placebogruppe nahm hingegen 0,4 kg zu. Der Gewichtsverlust war darauf zurückzuführen, dass die Gruppen, die täglich Apfelessig tranken, ca. 200 – 275 kcal weniger zu sich genommen haben, was den appetitregulierenden Effekt von Apfelessig bestätigt.18https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1271/bbb.90231
Wenn du Gewicht verlieren möchtest, kannst du Apfelessig also ausprobieren. Der Essig alleine wird aber keinen großen Effekt haben, wenn du ihn nicht mit einer Ernährungsumstellung und Sport kombinierst.
Worauf sollte man bei der Einnahme achten?
Wenn du Apfelessig trinkst, muss du darauf achten, ihn auf keinen Fall unverdünnt zu trinken. Denn er ist sehr sauer und kann daher deine Zähne angreifen und den Verdauungstrakt reizen.
Am besten nimmst du 1-2 EL Apfelessig auf 1 Glas Wasser. Falls dir das noch zu sauer ist, kannst du ihn noch stärker verdünnen.
Außerdem eignet er sich sehr gut in Salatdressings und Soßen.
Du kannst ihn morgens auf nüchternen Magen und/oder vor den Mahlzeiten zu dir nehmen. Probiere einfach aus, was sich für dich richtig anfühlt.
Kann eine Apfelessig-Kur sinnvoll sein?
Apfelessig werden viele gesundheitliche Vorteile nachgesagt, aber nur wenige sind wissenschaftlich gut belegt. Die meisten gesundheitsfördernden Hinweise stammen aus Tierstudien, die Studien am Menschen sind sehr begrenzt.
Wenn du ihn trinkst, kann es sein, dass er dir hilft, deinen Appetit zu regulieren und möglicherweise etwas Gewicht zu verlieren. Du kannst gerne ausprobieren, wie er auf dich wirkt. Dennoch gibt es deutlich wirksamere Maßnahmen zur Gewichtsabnahme wie die richtige Ernährung und genügend Bewegung.
Apfelessig kaufen: Worauf du achten solltest
Beim Kauf solltest du auf Bio-Qualität achten. Denn normale Äpfel bekommen viele Pestizide ab, die dann auch im Essig landen. Am besten nimmst du auch naturtrüben Essig, der nicht gefiltert und nicht pasteurisiert ist. Dann bleiben wertvolle Mikroorganismen erhalten.
Apfelessig selber machen
Apfelessig kannst du übrigens auch ganz leicht selber machen. Dazu brauchst du nur einen guten Apfelwein, eine Glasschüssel und ein Tuch.
Gib den Apfelwein in die Schüssel, decke ihn mit dem Tuch ab und befestige es mit einer Schnur. Lasse die Schüssel für ca. 1 Woche stehen. Dann solltest du auf der Oberfläche eine dünne Haut sehen. Das sind die Essigsäurebakterien, die den Zucker und den Alkohol aus dem Wein zu Essigsäure vergären.
Am besten füllst du den Essig in eine Flasche und lagerst ihn im Kühlschrank.
Fazit: Er ist gesund, aber kein Wundermittel
Apfelessig werden viele gesundheitliche Vorteile nachgesagt. Leider sind davon nur wenige wissenschaftlich gut belegt. Es gibt allerdings Hinweise, dass er eine Blutzucker-senkende Wirkung hat, was vor allem für Diabetiker von Bedeutung sein könnte. Die im Apfelessig enthaltene Essigsäure wirkt appetitregulierend, was bei der Gewichtsabnahme helfen kann.
Da er aus Äpfeln hergestellt wird, enthält er Vitamine, Mineralien und Antioxidantien. Es handelt sich also zweifellos um ein natürliches und gesundes Nahrungsmittel. Aber du solltest dennoch keine Wunder erwarten.
Eine gesunde Ernährung besteht aus vielen Komponenten. Durch ein einzelnes Nahrungsmittel wirst du nicht gesünder. In einem anderen Artikel erfährst du, was eine gesunde Ernährung ausmacht.
FAQ: Häufig gestellte Fragen
Apfelessig kann die Blutzuckerregulation verbessern und wirkt appetitregulierend.
Apfelessig enthält Vitamine und Mineralien und Mikroorganismen, die möglicherweise gut für den Darm sind.
Trinke Apfelessig am besten vor dem Essen, denn er kann den Blutzuckeranstieg nach der Mahlzeit verringern. Du musst ihn aber auf jeden Fall mit Wasser verdünnen.
Ungeöffneter Apfelessig ist mehrere Jahre haltbar. Das Mindesthaltbarkeitsdatum befindet sich auf der Flasche. Auch geöffnet ist Apfelessig noch mehrere Monate haltbar. Selbstgemachter Apfelessig sollte allerdings nicht zu lange gelagert werden.
Einzelnachweise
Vielen Dank für diesen tollen Beitrag. Ich selbst trinke Apfelessig vor jeder größeren Mahlzeit oder wenn ich mal was Süßes esse. Bei einem Selbsttest mit einem Blutzuckermessgerät konnte ich feststellen, dass die Einnahme von Apfelessig tatsächlich den Blutzucker senkt und den Insulinspiegel dadurch auf einen normalen Wert reguliert.